Neuigkeiten zur Hypnose

Insomnie: Hypnotiseur statt Hypnotikum

Hypnose hilft gegen Schmerzen, aber auch gegen Schlaflosigkeit. Was der Trancezustand genau bewirkt, war bisher mangels systematischer Studien kaum bekannt. Neue Erkenntnisse zeigen: Das Hypnosegemurmel könnte eine sanfte Alternative zu Schlafmitteln werden.

Eigentlich kann schon die Herkunft des Wortes aus dem Griechischen erklären, wie und warum die Methode bei Schlafproblemen wirkt. „Hypnose“ leitet sich vom altgriechischen „hypnos“ (= Schlaf) her. Die Technik beschreiben Autoren verschiedener Fachartikel einmal als „Status fokussierter Aufmerksamkeit und Absorption“, aber auch als einen „Zustand tiefer Entspannung“.
Pädiatrische Verhaltenstherapie

Für viele ist die mit der Hypnose induzierte Trance dem Schlaf ähnlich. Also sollte ein Hypnose-erfahrener Mediziner kein Problem haben, Schlafstörungen seiner Patienten damit zu lindern oder gar zu heilen? Aber so einfach scheint das nun doch nicht zu sein. Erst vor kurzem beschrieb ein amerikanisches Kinderärzte-Team eine Studie an 53 Kindern mit dem Versuch, Angststörungen, nächtliches Einnässen und Schlaflosigkeit mit Hypnotherapie zu kurieren. Während Angst und Bettnässen bei mehr als der Hälfte der Kinder auch nach längerer Nachbeobachtung verschwand, ließ die Hypnotherapie nur knapp 40 Prozent der kleinen Probanden leichter einschlafen. Immerhin: Anders als bei etlichen Präparaten aus der Apotheke beobachteten die Wissenschaftler jedoch bei keinem Kind irgendwelche Nebenwirkungen.

Wer dann wie Tai Lam vom Institut für Psychiatrie der Universität Hong Kong einen Blick in die vorhandene Literatur zum Thema „Hypnotherapie bei Schlafstörungen“ wirft, findet zwar eine ganze Reihe Studien, aber nur wenige von wirklich guter Qualität. Meist waren sie nicht randomisiert oder gar verblindet. Im Allgemeinen sind die Ergebnisse jedoch gut – unerwünschte Ereignisse kommen bei dieser Behandlung tatsächlich kaum vor.

Slow-Wave-Sleep

Schlafstörungen gehen oft mit Problemen des Herz-Kreislauf-Systems einher, nicht selten haben sie auch mit Übergewicht, psychischen Störungen wie Depressionen, Bipolaren Störungen oder gar Alzheimer zu tun. Besonders bedeutend sind dabei die dritte und vierte Phase des Schlafs. Im Tiefschlaf zeichnet das EEG sehr langsame Wellen auf, daher auch im Englischen die Bezeichnung „Slow-Wave-Sleep“. Im Alter nimmt dieser Tiefschlaf immer mehr ab – gleichzeitig reduziert sich auch die Zahl Nervenverbindungen im Präfrontalen Cortex, dem Sitz des Arbeitsgedächtnisses. Immer mehr Erinnerungslücken beim alternden Menschen sind die Folge. Sollte man dann den so wichtigen Tiefschlaf auf pharmazeutische Weise fördern? Auch das funktioniert nur sehr bedingt. Die gebräuchlichsten Substanzen inhibieren diesen Non-REM-Schlaf – zudem fördert ihr Langzeitgebrauch eine Abhängigkeit, während sich die Wirkung oft verringert.

Mit Hypnose in den Mittagsschlaf

Anstatt eine grobe Auskunft der Patienten über subjektive Wirkungen der Hypnose auf das Schlafverhalten zu bekommen, ist nun ein Schweizer Team weiter gegangen und hat deren Wirkungen direkt auf das zentrale Nervensystem gemessen. Immerhin 70 junge gesunde Frauen (sie reagieren im Allgemeinen sensibler auf Hypnose als Männer) ließen die Wirkung hypnotischer Texte auf einen 90-minütigen Mittagsschlaf testen. Die Botschaften vom Band wie „Schlaf tiefer“, versehen mit Schlüsselbegriffen wie „Entspannung“, „loslassen“ und „leicht“, sollten dabei die Teilnehmer 13 Minuten lang sanft in den Schlaf geleiten. Die Metapher eines Fisches, der sich langsam in immer tieferes Wasser sinken lässt, diente dabei als hypnotische Suggestionshilfe. Dagegen versuchte die Kontrollgruppe, sich bei einem Sachtext über Geologie zu entspannen.

Im Gegensatz zur Kontrollgruppe verhalf eine solche Hypnose den Teilnehmerinnen tatsächlich zu 81 Prozent längeren Tiefschlafphasen und reduzierte die Wachzeit um rund zwei Drittel. Andere Phasen dieser relativ kurzen „Siesta“ wurden durch die Hypnose nicht beeinflusst. Nur spezifische hypnotische Botschaften übten in diesem Versuch ihre Wirkung aus, während etwa ein „Schlaf leichter“ nicht zu einem längeren Tiefschlaf führte.

Stress bei der Entspannung

Inwieweit Hypnotherapie auch bei älteren Menschen mit Schlafproblemen Linderung bringen kann und ob Hypnose über Lautsprecher oder nach einem vorherigen Training dabei helfen kann, die Tiefschlafphasen wieder länger statt immer kürzer werden zu lassen, müssen wohl weitere zukünftige Studien zeigen. Ebenso lässt sich wohl vom kurzen Mittagsschläfchen noch nichts auf die Wirkung der Hypnose etwa auf den nächtlichen REM-Schlaf sagen. Bei den jungen Frauen im Dienst des Psychologischen Instituts der Uni Zürich verhalfen die hypnotischen Botschaften auch nicht zu einer signifikanten Verbesserung von kognitiven Fähigkeiten wie einer besseren Erinnerung oder Konzentrationsfähigkeit über die 90 Minuten Ruhezeit hinaus. Das könnte jedoch bei einem langen Nachtschlaf anders sein.

Generell, so schreibt Heinz-Wilhelm Gößling von der Psychiatrie Langenhagen in der Zeitschrift für Komplementärmedizin, ermögliche die Hypnose einen Entspannungszustand, der sich dem Punkt fürs Einschlafen annähere und dann nahtlos ins erste Schlafstadium übergehe. Gestresste Patienten hätten jedoch Probleme mit dem „loslassen“ und „entspannen“. Mit Willenskraft einen solchen entspannten Zustand zu erreichen, erscheine wenig erfolgversprechend. Eine Autosuggestion eines angenehmen Urlaubsorts oder eines „inneren Paradieses“ könne eine solche positive Trance besser herbeiführen. Wenn dabei verschiedene Sinne in der Reihenfolge „Sehen“, Hören“ und „Körpergefühl“ angesprochen würden, sei die Chance besonders hoch, dass Hypnose zu einem erholsamen Schlaf führe. Ein derartige Selbsthypnose-Training ließe sich, so Gößling, am besten zuerst bei einem Frühnachmittags-Schläfchen einüben und dann am Abend und in der Nacht als Einschlafhilfe ausbauen.

„Vielversprechende Möglichkeiten“

Der Short-Wave-Tiefschlaf ist wohl einer der wichtigsten Bestandteile für die Erholung von Körper und Geist während der Nacht. In dieser Phase schüttet der Organismus Wachstumshormone für die Reparatur von Zelldefekten aus und „wartet“ auch das Immunsystem. Wer an immer kürzer werdenden Tiefschlafphasen leidet, stresst ihn dagegen und lässt ihn damit wohl schneller altern. Die Resultate der Schweizer Forscher „eröffnen neue vielversprechende Möglichkeiten, ohne Medikamente die Schlafqualität zu verbessern“, sagt Björn Rasch, einer der Autoren und Leiter des Projekts „Schlaf und Lernen“ an der Universität Zürich. Die Wirkung von Hypnose ist bei der Behandlung von Schmerzen, aber auch psychischen Leiden wie Depression oder Phobien gut belegt. Wer mit ihr auch seinen Schlaf verbessern kann, hat vielleicht auch ein nicht-pharmakologisches Anti-Aging-Präparat gefunden.

Quelle: DocCheckNews (https://news.doccheck.com/de/newsletter/1373/9327/)